Pressetexte

Nummer 43, 20. Februar 2007, Seite 20

Ein bisschen verrückt und sehr unterhaltsam

Ilja Richter und Gunther Emmerlich gastieren mit ihrer Peter-Alexander-Show im Mindener Stadttheater
Von Andrea Gerecke

Das Ensemble lieferte mit “Verrückte muss man gar nicht erst in Stimmung bringen” zwei Stunden lang Stimmung und Ohrwürmer zum Mitsingen, Mitlächeln, Mitklatschen und Mitsummen.
Foto: Theater

Minden (ag). Vor drei Jahren, als Ilja Richter einmal mit einem Stück zu Gast in Minden war, wurde die Idee zu der Show geboren. Da saßen der Theaterleiter Bertram Schulte und der vielseitige Künstler zusammen, plauderten, fachsimpelten und spannen Fäden für die Zukunft. „Eine Show mit Schlagern von Peter Alexander, das wäre mal eine wunderbare Idee, hieß es irgendwann“, so erinnert sich Ilja Richter.

„Und dann habe ich mich an die Arbeit gemacht. Immer mit dem Hintergedanken, dass der sensible Peter Alexander eine reine Hommage abgelehnt hätte. Also musste es witzig, szenisch werden.“ Einiges an Zeit hat die Vorbereitung schon gebraucht. Die Produktion übernahm das KulturBüro Südwest, Texte kamen halbe-halbe von Frank Golischewski und Ilja Richter, der auch die künstlerische Leitung übernahm. Das Team schließlich mit Gunther Emmerlich, Ulrike Neradt und Barbara Ferun steuerte eigene Einfälle bei. Für die Choreographie zeichnete Brigitte Backhaus verantwortlich und als Musiker wirkten Christian Seisel, Stefan Zenth und Karl Koch mit.
Was dabei herauskam, war nun am vergangenen Sonnabend im gut besuchten Mindener Stadttheater zu erleben. Hier gehörte das Stück wiederum zu einer Abonnementreihe, wie schon das umjubelte Gospel- und Soul-Musical „Sister Soul“ vom vorigen November. Und erneut zeigte sich die glückliche Hand der Theaterleitung, denn das Publikum klatschte, sang, lächelte besinnlich und summte mit.
Amüsant ist schon mal der Beginn eines Theaterabends, wenn eine Merkelstimme aus dem Hintergrund das Publikum zunächst begrüßt und dann darauf hinweist, dass Bild- und Tonaufnahmen untersagt sind und dass für einen Pausensnack gesorgt ist. Da fühlt man sich als Staatsbürger seiner Bundeskanzlerin so nah und ganz Teil einer Gemeinschaft… Witzig gewählt war dann der Einstieg in das Stück. Da trat der Conferencier Frank Golischewski an den Bühnenrand, um im Tone tiefer Betrübtheit etwas zu verkünden. Natürlich fiel man darauf herein und nahm die Erkrankung eines Darstellers an, aber es ging um Ilja Richter, der einen lackierten Keks gegessen hatte und danach nun irgendwie verwirrt sei und sich für Peter Alexander hielt. Der Aufhänger war gefunden und es konnte losgehen. Aus dem Lied des Jahres 1957 „Verliebte muss man gar nicht erst in Stimmung bringen“ wurde dann der Titel des Abends: „Verrückte muss man gar nicht erst in Stimmung bringen“.
In szenischen Abschnitten erinnerten sich die Künstler an Begegnungen mit dem großen Peter – an wirkliche und geträumte und sie traten als seine Wegbegleiter auf: Gunther Emmerlich alias Willi Schneider, Ulrike Neradt alias Katharina Valente und Barbara Ferun alias Anneliese Rothenberger. Irgendwie waren alle eben etwas durchgeknallt. Tja und Ilja Richter als der leibhaftige Peter Alexander. Wenn man die Augen schloss und nur der Stimme lauschte, konnte man für Augenblicke daran glauben. In sehr schönen Soli, Duetten und großen Ensembles gab es Begegnungen mit Schlagern wie „Tschau tschau Bambina“, mit den „Süßesten Früchtchen“, mit dem „Badewannen-Tango“. Herz zerreißend wurde gefragt: „Bist du einsam heut Nacht“ und „Müssen Frauen einsam sein?“. Lieder, musikalische Sketche und Potpourris aus Polydor- und Ariola-Zeiten fügten Puzzlesteinchen zum Bild, ebenso wie Hinweise auf Oper, Operette und Fernsehen. So ließ der Abend ein Leben in Stichpunkten Revue passieren. Reminiszenzen an eigene Auftritte von Ilja Richter (Discozeiten mit „Licht aus – Spot an“) und Gunther Emmerlich (20 Jahre Ensemblemitglied der Semperoper Dresden) durften nicht fehlen.
Beim flotten Tanzschritt blieb dann Ilja Richter schon mal mit einem Manschettenknopf im Zopf der Sopranistin hängen, sie verzog nur leicht vor Schmerz das Gesicht, der Knopf schnipste auf Nimmerwiedersehen davon und die Sänger hatten Mühe, einen Lachanfall zu unterdrücken. Wobei man überhaupt dem gesamten Ensemble außerordentliche Spielfreude bescheinigen konnte. Die Heiterkeit kam überzeugend von Herzen, wenn die Truppe einhellig meinte: „Früher oder später werden alle mal zum Peter!“
Man erfuhr davon, dass Peter Alexander wegen seinen vielen Streichen mehrfach vom Gymnasium flog… - und darin wohl seine Begeisterung für den späteren Film „Hurra, die Schule brennt“ begründet lag. Da hatte er aber schon seinen großen Durchbruch, der mit Campingplatzschlagern und einer unendlichen Italiensehnsucht der Deutschen anfing. Eine Szene spielte am 14. August 1961, wo behaupteter maßen Peter Alexander im Osten des Landes auftreten wollte und dafür nun seine Titel vorschlug. „Komm ein bisschen mit nach Italien“, fiel durch, dafür bot man Sibirien an. Und bei „Ich zähle täglich meine Sorgen“ hieß es, Sorgen haben wir nicht! Ein anderer Sketch endete damit, dass Gunther Emmerlich resümierte, dass es nicht so schlecht wäre, wenn man im Theater immer das machen würde, was den Leuten gefällt.
Das schlichte Bühnenbild ergänzte das Thema – ein paar schwarze Holzstühle, ein Tisch mit Kofferplattenspieler. Und drei große Fußballtorrahmen rundum mit Lämpchen versehen, deuteten nach hinten in den Raum gezogen Tiefe an. Ein Gazevorhang verdeckte leicht die Band, die dort spielte. Später wurden dorthin auch Bilder gebeamt, die Peter Alexander bei seiner Hochzeit mit Hilde zeigte und bei einigen seiner zahllosen Auftritte. Die Damen traten in zauberhaften Roben auf, die dem weiblichen Publikum so manches Ah und Oh entlockten. Die Männer schwiegen stillvergnügt-lächelnd.
„Dankeschön“ erklang natürlich zum Abschied. Und ein Lied, worin sich der Künstler manchmal wünscht, dass er ein Fischer wär, wenn er ununterbrochen auf Achse ist, in Garderoben haust, laufend die Hotels wechselt, keine ordentliche Hausmannskost bekommt und auch noch wegen zu schnellem Fahrens erwischt wird. Aber schließlich und endlich ist es die Bühnenatmosphäre, die einen irgendwann nicht mehr loslässt und regelrecht süchtig macht. Und als zarte Zugabe summten wir alle gemeinsam den Rausschmeißer „Die kleine Kneipe“. Ein schöner, unterhaltsamer Abend.
Als einziger Missgriff erwies sich das Programmheft, ein Postkarten gleiches Zettelchen, nur dünner. Die Texte auf der ersten Seite mit Leselupe zu konsumieren, dafür die zweite Seite für eigene Notizen im schlichten Weiß. Schade, so ein paar Stichpunkte zum rasanten Inhalt und zu den Künstlern wären nicht verkehrt gewesen.