Pressetexte

Nummer 136, 15. Juni 2007, Seite 31

Kammermusikalische Kabinettstücke

Almut Preuß-Niemeyer und Dora Bratchkova spielen Kuhlau, Brahms und Sinding im Haus Winckler
Von Andrea Gerecke

Dora Bratchkova (links) und Almut Preuß-Niemeyer überzeugten vereint von ihrer professionellen Musizierkunst.
Foto: Andrea Gerecke

Minden (ag). Durch die geöffneten Fenster gurrten Tauben, während Dr. Jutta Hering-Winckler die zahlreichen Gäste zu einer weiteren Veranstaltung des Richard Wagner Verbandes begrüßte.

Partner war Almut Preuß-Niemeyer mit ihrer diesjährigen Kammermusikreihe „MoNoNo“ („Montags von Norddeutschland bis Norwegen“). Als Mitstreiterin hatte sie sich für das dritte Konzert die Bulgarin Dora Bratchkova (1. Konzertmeisterin beim Rundfunksinfonieorchester Saarbrücken und Professorin an der Musikhochschule Mannheim) mit ihrer Violine ausgewählt. Das Ambiente der Villa Winckler, in die regelmäßig zu kulturellen Begegnungen eingeladen wird, erwies sich als außerordentlich stil- und stimmungsvoll.
Favorit des Abends war zweifellos Friedrich Kuhlau (1786-1832), den als Zehnjähriger ein Unglück in die Musik führte. Damals stürzte der gebürtige Uelzener (Niedersachsen) mit einer Flasche in der Hand auf der Straße und verlor durch die Scherben ein Auge. Um das Kind auf dem Krankenlager abzulenken, brachte der Vater quer über dem Bett ein Klavichord an. Der Pianist und Komponist war später in Kopenhagen zu Hause und bezeichnete diesen Unfall stets als „außerordentliches Glück“. Beim Konzert war seine Violinsonate op. 33 zu erleben, von der die „Allgemeine Musikalische Zeitung“ 1822 berichtete: „Sie besteht aus… einem wirklich großen Finale, voll Feuer und Leben, eigentümlich in Erfindung und Ausführung, aus einem Stück, ja fast in einem Atem… Mit diesem Satze macht Herr Kuhlau tüchtigen Klavier- und Violinspielern ein sehr dankenswertes, gewiss willkommenes Geschenk.“ Auch die Zuhörer fühlten sich reich beschenkt.
Mit Johannes Brahms (1833-1897) kann man nichts falsch machen. Gekonnt boten die Künstlerinnen seine Sonate Nr. 1 G-Dur op. 78 dar. Eine Amsel setzte mit Wohlklang den Schlussakkord direkt vor die Pause.
Extrem kraftvoll, energisch und Konzertsaal füllend vor allem die Violine beim zweiten Teil mit dem Norweger Christian Sinding (1856-1941) und seiner Romance op. 9 sowie der Sonate F-Dur op. 73. Hier eine intensive Zwiesprache von Klavier und Violine, ein Auf und Ab der Gefühle. Über den jungen Christian urteilte einst sein Geigenlehrer: „Besuchte die Stunden regelmäßig und übt gewissenhaft, Fortschritte sind nicht bedeutend, aber befriedigend.“ Christian Sinding verlegt sich aufs produktive Komponieren monumentaler Werke – dynamisch und farbenprächtig. Verdienst der Kammermusikabende mit Almut Preuß-Niemeyer ist es auch, fast vergessene Komponisten in die Gegenwart zu holen. Im Falle von Christian Sinding lohnte sich das unbedingt. „Kurz- und schmerzvoll“ folgte als Zugabe ein marschmäßiger Schostakowitsch.