Pressetexte

Nummer 80, 4. April 2007, Seite 27

Willkommen im lustigen Witwenclub

Braunschweiger gastierten mit turbulenter Boulevardkomödie bei der Mindener Volksbühne
Von Andrea Gerecke

Nach der Hochzeit ist vor der Hochzeit, denn meist währen die Ehen von Selma nicht lange. Lucille, Doris und Ida (von links nach rechts) nach der Feier, von der sie nicht nur Wein und Obst, sondern auch einen heftigen Schwips mitgebracht haben.
Foto: Andrea Gerecke

Minden (ag). Auf den roten Vorhang zauberten die Beleuchter bedeutungsvoll ein Herz. Solcherart anrührend war die Vorstellung am vorigen Sonnabend im Mindener Stadttheater. Die Komödie am Altstadtmarkt Braunschweig präsentierte innerhalb der Volksbühne die Komödie „Der Witwenclub“ von Iwan Menschell.

Rasch ist die Geschichte erzählt. Da waren einmal drei Paare, die viel miteinander unternahmen. Sie spielten, gingen auf Kreuzfahrten, ließen keine Hochzeit aus. Irgendwann nahmen die Herren den Weg alles Irdischen und übrig blieben die mehr oder weniger lebenslustigen Damen. Lucille (Renate Köhler) überzeugte im flotten Part mit der Devise: „Nur nichts anbrennen lassen.“ Doris (Renate Bopp) stellte die eher frustrierte Variante dar. Zwischen beiden vermittelte Ida (Christiane Rücker). Später kam Sam ins Spiel (Klaus Engeroff/Inszenierung). Seines Zeichens Buchhändler und Witwer, wirkte er liebenswert tollpatschig in den Annäherungsversuchen bei Ida, die prompt vereitelt wurden, als Lucille und Doris eine kleine Intrige inszenierten. Alle trafen sich stets auf dem Friedhof, um mit den Verstorbenen in Kontakt zu treten und ganz allgemein zu philosophieren.
Das Bühnenbild wechselte von Idas gutbürgerlichem, leicht kitschigem Wohnzimmer auf den Friedhof. Einfach ein Paravent vor den Raum und drei Grabsteine an den Bühnenrand gestellt, schon befand man sich an gänzlich anderem Ort.
Die Schauspieler hatten reichlich Lacher auf ihrer Seite. „Niemand kauft sich einen Nerz, weil er ihn braucht“, sagt Lucille. Stützstrümpfe würde man sich deshalb kaufen. Also taucht sie immer mit neuen, günstigen Ergänzungsteilen zur edlen Garderobe auf. Den Tod eines Bekannten kommentiert Lucille: „Manche Männer lassen nichts unversucht, um sich vor einer Hochzeit zu drücken.“ Um Heiraten und Todesfälle geht es in der Geschichte. Entweder trifft man sich zum Tee bei Ida oder auf dem Friedhof, um über erhöhte Grabpflegerechnungen und klassische Frauenthemen wie Männer und Mode zu plaudern.
Herrlich komisch Doris, Efeu auf dem Grabstein des Verblichenen zurück stutzend und sich dabei ans frühere Haareschneiden erinnernd. „Eben kniest du noch und machst ihr einen Heiratsantrag“, philosophiert Sam, „und schon kniest du an ihrem Grab. Dazwischen liegen eben mal 40 Jahre.“
Alles dreht sich um Selmas Hochzeit, bei der die drei Damen die Brautjungfern sind. Sam tröstet sich zeitweilig mit der knackigen Mildred (Susann Fabiero), an der das Alter noch keine Spuren hinterlassen hat. Letztlich lösen sich alle Knoten der Handlung, wie das bei Boulevardkomödien so ist. Doris segnet das Zeitliche, wird neben den Gatten gebettet. Ida bekommt ihren Sam. Lucille outet sich als gar nicht draufgängerisch. Alles nur Schein, den Freundinnen vorgegaukelt – immer in dem Glauben, sie wollten es so. 
Mit Bravorufen und –pfiffen sowie Jubel quittierte das Publikum den Abend. Es bedankte sich für die außerordentliche Spielfreude des Ensembles, das Unterhaltung kurzweilig darbrachte.